Ich habe seit über 10 Jahren Knie Arthrose. Ich kann nicht joggen, Fußball spielen oder intensiv wandern. Aber ich fahre Fahrrad – genauer gesagt Mountainbike. Ich fahre sogar Wettkämpfe. In diesem Beitrag möchte ich dir meine persönliche Geschichte erzählen.
Meine Geschichte
November 2009. Ich war knappe 16 Jahre alt und wollte mit Freunden auf ein Konzert gehen. Benzin hieß die regionale Punkband, die im Ort nebenan im Jugendhaus spielte. Damals war ich in meiner Punk-Phase. Ich hatte oft bunte Haare, trug alte Chucks und ständig Bandshirts.
An diesem Abend hatte ich ein Bandshirt mit einem Schimpfwort darauf an. Meine Mutter hatte mir verboten, das Shirt zu tragen. Ich war mir sicher, dass sie es nie erfahren würde. Getrunken hatte ich an diesem Abend nichts. Ich durfte ja nicht. Spaß hatte ich trotzdem mit meinen Freunden.
Benzin spielte das Lied “Wir sehen uns wieder in der Hölle Baby” und dann ging alles so schnell. Ein paar Leute vor mir fingen zu tanzen an und ich fiel auf den Boden. Aufstehen konnte ich nicht mehr. Ich konnte mein Bein nicht mehr bewegen. Es schmerzte.
Ein enger Freund reagierte schnell und trug mich nach draußen. Auf dem Weg nach draußen wurde mir schwarz vor Augen. Ich wachte erst wieder draußen auf. Ich lag auf dem Boden und einige Leute hatten sich um mich herum versammelt. Dann meinte einer in der Menge, dass meine Kniescheibe draußen wäre, er sie aber wieder reindrücken würde. Er war Ersthelfer. Ich hatte Glück.
Plötzlich war meine Mutter da. Der Krankenwagen. Dann war ich auch schon im Krankenhaus. Dort wurde ich geröntgt, bekam eine Schiene, Krücken und Schmerztabletten. Ich durfte wieder nach Hause. Und natürlich hat meine Mutter in dieser Nacht bemerkt, dass ich das verbotene T-Shirt anhatte. Aber das war Nebensache. Es gab wichtigeres. Diagnose Patellaluxation.
Eine Patellaluxation ist eine Bewegungsstörung des Kniegelenks, bei der das Kniegelenk nicht richtig einrastet. Dies kann zu Schmerzen und Störungen der Bewegung führen. Um eine Patellaluxation zu behandeln, muss das Kniegelenk in die richtige Position gebracht werden. Dies kann durch eine Operation oder eine konservative Therapie geschehen.
Als ich 2 Tage später wieder ins Krankenhaus kam wegen Schmerzen, wurde ich nach Hause geschickt. Es sei alles in Ordnung, sagte das CT. Kein Knorpelschaden stand auf dem Befund.
Ich ließ die Verletzung heilen und lernte wieder laufen. Das war keine schöne Zeit, aber irgendwann hatte ich es geschafft. Weil ich aber immer noch gelegentlich Schmerzen hatte, ließ ich woanders auch noch ein CT machen. Mir wurde geraten, mich so schnell wie möglich operieren zu lassen. Ich hatte einen Knorpelschaden, die Kniescheibe war nicht richtig eingesetzt und mein äußeres Band war vernarbt zusammengewachsen.
Lange Zeit dachte ich immer wieder darüber nach, was passiert wäre, wenn ich sofort nach dem Unfall operiert worden wäre … Wäre die Arthrose verhindert worden?
Rund ein halbes Jahr nach dem Unfall wurde ich operiert. Die Kniescheibe wurde richtig eingesetzt und das Band wurde um 1,5 cm gekürzt. Und nochmals begann alles von vorn. Schmerzen, Therapie, laufen lernen. Es ist echt nicht cool, wenn dir jemand das Bein ins Auto schieben muss oder du nicht in dein Zimmer kommst, weil es in einem anderen Stock ist. Aber auch dieses Mal habe ich es wieder geschafft.
Der Weg zur Unsportlichkeit
Der Arzt meinte, dass ich nie wieder wie früher Sport machen dürfe. Ich habe davor 6 Jahre lang Fußball gespielt und war gerne beim Joggen. Ich hatte eine tolle, schlanke Figur und konnte Schokolade essen ohne Ende. Kein Fußball. Kein Joggen. Kein Leistungssport. Höchstens leicht Radfahren oder schwimmen durfte ich. Ich mochte beides nichts. Also machte ich keinen Sport mehr.
Mit 20 Jahren war ich auf meinem sportlichen Tiefpunkt angelangt. Ich bin dick geworden, hatte kaum mehr Kondition. Immer mit der Ausrede, dass ich ja sowieso keinen Sport mehr machen dürfe.
Gesunde Ernährung und Sport – ich wurde wieder schlank.
Ende 2015 änderte ich mein Leben. Ich machte bei dem Abnehmprogramm “10 Weeks Body Change” mit und verlor in 10 Wochen 7,5 kg.
Ich fing an, wieder leichten Sport zu machen. Mitte 2016 stand ich wieder auf dem Fußballplatz. Ich spielte tatsächlich wieder Fußball. Etwas, von dem ich geglaubt hätte, dass ich es nie wieder tun würde. Aber ich tat es. Ich war nicht die beste, aber es machte Spaß.
Der nächste Niederschlag
Es machte so lange Spaß, bis ich wieder Schmerzen hatte. Mein letztes Fußballspiel verbrachte ich humpelnd auf dem Feld. Nach rund drei Monaten war meine Fußballkarriere auch schon wieder zu Ende. Ich suchte den Arzt auf, der mich damals operiert hatte und schilderte ihm meinen Misserfolg im Fußball.
“Sie haben Arthrose. Sie können NIE WIEDER Fußball spielen!” – das waren seine Worte und die schlugen ein wie eine Bombe. Damals als der Unfall passierte, war ich noch so jung, dass ich gar nicht richtig realisierte, was da genau kaputt ist. Doch in dem Moment wurde es mir so richtig bewusst. Mir wurde bewusst, dass ich viele Dinge nicht mehr machen kann, die andere ohne Probleme verursachen können. All das, was ich die letzten Jahre über verdrängt hatte, kam jetzt hoch. Das war einer der emotionalsten Momente in meinem Leben. Für mich brach eine Welt zusammen.
Beim Sport konnte ich abschalten. Es war mein Ausgleich und ein wichtiger Teil in meinem Leben. Zu wissen, dass man nicht mehr die Freiheit besitzt, etwas zu tun, was andere jederzeit unternehmen können, ist ein blödes Gefühl.
Arthrose im Knie ist ein schmerzhafter und fortschreitender Abbau des Knorpels im Kniegelenk. Man nennt es auch Knorpelschaden. Dies ist eine häufig auftretende Erkrankung, die jeden betreffen kann. Egal, ob alt oder jung. Arthrose kann auch durch einen Unfall, wie in meinem Fall, zustande kommen. Mit der richtigen Behandlung können Schmerzen und Beschwerden jedoch reduziert und sogar gelindert werden.
Ich habe den Kraftsport für mich entdeckt
2017 hatte ich dann den Kraftsport für mich entdeckt. Ich konnte zwar nicht alle Übungen mit meinem Knie machen, aber ich konnte mich richtig auspowern. Musik auf die Ohren und losging’s. Ich war so froh, dass ich was gefunden hatte, was mir Spaß macht und sich mit der Knie Arthrose vereinbaren ließ. Ich erarbeitete mir hart meine Erfolge und passte auch die Ernährung diszipliniert an den Sport an.
Vom Kraftsport zum Radsport
Anfang 2018 war ich noch mit meinem Freund bei einem Personal Training mit dem Bodybuilder Tim Budesheim. Was ich damals bis jetzt nicht wusste, war, dass ich bald eine neue Leidenschaft finden würde.
Ein paar Wochen später fand man mich nicht mehr im Fitnessstudio, sondern auf dem Mountainbike. Ich war da in ein solches Team reingerutscht und trainierte eifrig meine Grundlagen. Bei Wind und Wetter – mitten im Winter.
Es funktionierte. Mein Knie meckerte nicht und ich merkte, was ich alles erreichen konnte. Als ich im Mai 2018 prompt den ersten Platz meiner Altersklasse in der Kurzdistanz des Marchtal Bike Marathons gewann, war ich nicht mehr zu bremsen. Im Jahr 2018 machte ich neben einigen Wettkämpfen auch über 6000 km auf dem Mountainbike. 2019 waren es über 7000 km und sogar über 82.000 Höhenmeter. Alles ohne Knieschmerzen. Leistungssport trotz Arthrose im Knie. Wenn das mein Arzt wüsste… 😉
Okay – inzwischen weiß er es sogar. Denn als ich 2021 einen Fahrradsturz hatte und zu einer Kontrolluntersuchung bei meinem Sportarzt war, habe ich ihm alles erzählt, was ich die letzten Jahre über so gemacht habe. Er war begeistert und konnte es fast nicht glauben. Plötzlich gab es auch keine Verbote mehr.
Sport trotz Arthose – es ist möglich!
Ich habe den richtigen Sport für meinen Körper gefunden und ich bin so wahnsinnig dankbar dafür, dass ich Mountainbiken kann. Nichts ist selbstverständlich. Es war ein langer und auch kein einfacher Weg für mich. Dafür genieße ich jetzt jede Sekunde auf dem Fahrrad. Knieschmerzen habe ich nur noch selten. Zum Beispiel dann, wenn ich übertrieben viel Treppen laufe oder mal wieder überzeugt bin, ich könnte das Joggen ausprobieren.
Ich bin wieder deutlich mobiler geworden und habe wirklich schon einiges erreicht in den vergangenen Jahren.
Radfahren bzw. Mountainbiken ist kein Hindernis für Menschen mit Knie Arthrose. Wichtig ist, dass das Fahrrad richtig eingestellt ist.
Mit diesem Beitrag möchte ich dir Mut machen. Sei dankbar für jede Sportart, die du machen kannst. Es ist nichts selbstverständlich! Genieße die Zeit, wenn sie schmerzfrei ist. Egal, ob du Arthrose oder andere Hindernisse hast – es lohnt sich zu kämpfen! Es gibt immer einen Weg.
Bis bald,
deine Lisa. <3
Ps. Mittlerweile habe ich auch schon Skilanglauf mit Arthrose ausprobiert – das funktioniert auch, wird aber definitiv nicht zu meinem Hauptsport werden. Ich war noch nie eine Skifahrerin und bin eher ein Fan vom Sommersport.
Und wandern habe ich zwischenzeitlich auch ausprobiert. Funktioniert gut, allerdings nur mit Stöcken zur Unterstützung und mit Verstand. Extremwandern ist zu viel für mein Knie und manchmal sollte man beim Absteigen auch lieber die Gondel nutzen.
Hallo Lisa
Ich bin gerade per Zufall auf diesen Artikel gestoßen oder vielleicht war es sogar Schicksal. Jedenfalls wollte ich mich sehr bei dir für diesen Mutmacher-Artikel bedanken. Ich selbst bin 25 Jahre alt und mache seit vielen Jahren sehr gerne Sport. Vor etwa zehn Jahren bin ich auf Halbmarathon-Niveau gelaufen und hatte währenddessen zwei blöde Unfälle am Knie (bin beim Laufen einmal gestürzt und dann nochmal privat). Das scheint bei mir zunächst einen Läuferknie verursacht zu haben und nun nach mehreren Jahren wohl auch schleichende und doch noch stille Arthrose. Noch habe ich keine Schmerzen, aber durch meine Bandscheiben-Not-Op vor zwei einhalb Wochen – durch einen Unfall- spüre ich, dass meine Knie schwach sind. Ich möchte in den nächsten Monaten, bestenfalls nach der Reha, wieder mit dem Sport beginnen. Allerdings auch mehr zum Radfahren bzw indoor cycling hin. Du hast mich daran erinnert wie schön es vor ein paar Jahren war auf dem Bike zu sitzen und sich auszupowern. Ich denke, das ist ein Weg den ich nach den ganzen Strapazen wieder gehen werde. Ich lasse mich nicht klein kriegen und danke dir nochmals für deinen Artikel. Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich und motiviert ich gerade bin. Alles Gute wünsche ich dir auch weiterhin!
Hallo Doreen,
danke für den super lieben Kommentar! Das freut mich wirklich sehr, dass ich dir Mut machen konnte!!
Lass dich auf jeden Fall nicht klein kriegen, denn irgendwie geht es immer weiter. Und unverhofft kommt oft. 🙂
Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!
Viele Grüße aus dem Schwabenländle
Lisa
Hallo Lisa,
Dein Bericht macht Hoffnung.
Ich bin als Läufer Ende 30 mit der Diagnose Kniearthrose und entsprechenden Schmerzen am Boden zerstört.
Werde es nun auch mit dem Fahrradfahren versuchen.
Hast Du nach den 2 Jahren auf dem Rad und deutlicher Besserung auch im Alltag, nochmal versucht zu joggen und ging das schmerzfrei ? (auch wenn Dir Radeln jetzt besser gefällt)
Herzliche Grüße
Ben aus Augsburg
Hallo Ben,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Es freut mich, dass ich dir Mut machen konnte. 🙂 Ich habe definitiv eine deutliche Verbesserung im Alltag gemerkt. Gerade beim berg-ab-gehen oder längeren Wegen per Fuß ist es deutlich besser geworden. Das mit dem Joggen hab ich letztes Jahr nochmals probiert. War aber nicht so das Wahre. Wobei ich gemerkt habe, dass mir das joggen auf weichem Untergrund besser getan hat als auf hartem Untergrund. Du kannst es auf jeden Fall nochmals ausprobieren nach einiger Zeit – aber fang langsam an.
Und probiere das mit dem Radeln unbedingt aus. Das ist wirklich super fürs Knie.
Viele Grüße aus dem Schwabenländle
Lisa
Hallo Lisa,
interessanter Bericht, bei dem ich bei vielem mit fühlen…
vor einem jahr noch alles gut (abgesehen von dieser Pandemie), Hobbies: fussball, Kraftsport bissle, snowboarden, splitboarden, tauchen, wellenreiten…
dann, ende juli, vorbereitungsspiel, 10min vor ende…vorderes Kreuzband und keine alltägliche ausenmeniskusverletzung…ein welt brach erstmal zusammen…
nun fahr ich einigermaßen viel Fahrrad….kann wieder bissle joggen…Streckung macht noch Probleme…eventuell auch vernarbt…–>kleiner eingriff
durch sowas lernt man einfach neu zu schätzen was es bedeutet gesund zu sein…
laufen lernen, das erste mal 2min auf dem Laufband langsam joggen… man freut sich über Kleinigkeiten wie nie zuvor…
dank dir für deine geschichte…und weiterhin viel spaß beim Sport machen, welcher es auch sein mag und möglich ist…
ob ich nochmals fussball spiel und wie es mit den anderen Sportarten aussieht wird sich noch zeigen…
viele grüße von der schwäbischen alb 😉
p.s.: bin hier gelandet weil ich noch Fahrrad Handschuhe suche 😀 tolle seite 😉
Hallo Michael,
danke für dein nettes Feedback! Das freut mich sehr. Auch schön zu lesen, dass dir mein Handschuh-Ratgeber so gut gefallen hat, dass du meinen Blog gleich weiter durchstöbert hast. 🙂
Ich bin da voll bei dir! Die Kleinigkeiten sind die Dinge im Leben, die man schätzen solle. Ich wünsche dir weiterhin gute Besserung und dass du in Zukunft noch so viel wie möglich Sport machen kannst.
Viele Grüße von kurz unterhalb der Schwäbischen Alb!
Lisa